Europa droht die Deflation, befürchtet die Europäische Zentraltalbank. (EZB) Sollte sich das Preisgefällt mit anderen Währungen noch weiter vergrößern, drohen schlimme Folgen. Der Euro wird immer stärker und die Wirtschaftskrise in Südeuropa, speziell Griechenland, setzen die Währungshüter massiv unter Druck. EZB-Chef Draghi will im Juni seine Konsequenz daraus ziehen und ist zu allem bereit.
Erstmalig Strafgebühren in Aussicht
EZB-Chefvolkswirt Peter Praet bereitet schon einmal moralisch auf mögliche Strafgebühren für die Banken vor, wenn sie ihr Geld bei der Zentralbank lagern wollen. „Negative Einlagenzinsen sind ein möglicher Teil einer Kombination von Maßnahmen“, erklärte Praet im Interview mit der „Zeit“. Die Banken sollen das Geld nicht bunkern, sondern in die Wirtschaft geben, damit diese weiter wachsen kann.
Nach den letzten Sitzungen scheint die EZB-Chefetage nun endlich einen klaren Kurs gefunden zu haben, die Minuszinsen sind dabei erst der Anfang. Es geht um die Abwehr der Deflation, da sei alles möglich. Denn die hohe Arbeitslosigkeit und die langsame Wirtschaft gehen im Welthandel unter. Mario Draghi tüftelt an einer ausgefallenen Strategie:
„Wir bereiten eine Reihe von Dingen vor. Wir könnten den Banken erneut für einen längeren Zeitraum Geld leihen, möglicherweise gegen Auflagen. Wir könnten die Zinsen noch einmal senken. Auch eine Kombination mehrerer geldpolitischer Instrumente ist denkbar“, sagte Praet. Doch die Zinsen weiter senken, bei dem aktuellen Tiefstand, geht nun einmal nicht, außer in den Minusbereich und das wäre eine Premiere in der europäischen Gemeinschaftswirtschaft.
Insider befürchten massive Veränderungen
Die EU kämpft gegen die Stärke ihrer eigenen Währung, weil diese zu großen Einfluss auf Wirtschaft, Handel, Devisen und andere Bereiche ausübt. Während sich Konsumenten über sinkende Preise freuen würden, gibt es in der Wirtschaft kein zurück mehr. Falls doch, dann müssten noch mehr Stellen gestrichen werden, das Wort „Sparprogramm“ hört man immer öfter in Unternehmen und ist gleichbedeutend mit Entlassungen. „Eine Zinssenkung ist mehr oder weniger sicher“, heißt es aus Fachkreisen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vergabe von Krediten an klein- und mittelständische Unternehmen. Aufgrund der hohen Zinsen will sie nämlich kaum einer nutzen. Unternehmensgründungen scheitern zum Teil daran, was wiederum der Wirtschaft schadet. Ein Teufelskreis den die EZB durchbrechen will. Nun wird von komplexen Maßnahmen gesprochen, wie etwa die gezielten Finanzspritzen an Banken, welche dann günstigere Kredite vergeben könnten. Das Geld käme mit den Auflagen, es an die Unternehmer und Privatpersonen weiterzugeben, anstatt es in Staatsanleihen zu sichern oder nur darauf sitzen zu bleiben.
Fallende Preise ziehen Wirtschaft runter
Und darum geht es bei all den Debatten und Krisensitzungen. Wenn die Preise weiterhin fallen, schwächt dies die Wirtschaft. Negativzinsen für Banken bei der EZB würden den starken Euro entkräften. Ansonsten bleiben die Exporte so teuer, was den Absatz drückt. „Im Kontext der sehr niedrigen Inflationsrate im Euroraum ist eine Aufwertung auch für die Eurozone ein Problem, weil ein stärkerer Euro die Einfuhren verbilligen und die Inflationsrate noch weiter nach unten drücken würde“, so Praet.