In der Eurozone kommt man aktuell an einem Thema nicht vorbei: Grexit. Soll Griechenland aus der Eurozone aussteigen und zum Drachme zurückkehren? Wenn es nach Ifo-Chef Hans-Werner Sinn geht, dann ja. Denn nur ein weiterer Schuldenschnitt wird Griechenland kaum retten und die Steuerzahler dürfen dafür blechen, dass die Griechen über ihre Verhältnisse leben, so Sinn.
Interview mit N-TV
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) wurde zu einem Gespräch beim Nachrichtensender N-TV eingeladen und Hans-Werner Sinn erschien persönlich. Seine Kurzfassung lautet „Griechenland muss die Eurozone verlassen“ und das begründete er auch. 2012 gab es bereits zwei große Schuldenschnitte, einen Dritten sollte es möglichst nicht geben. Der Lebensstandard ist immer noch zu hoch, die Wirtschaft kann das Minus nicht ausgleichen. Sinn meint, „weil die Löhne zu hoch sind.“ Das werden die in Beschäftigung lebenden Griechen vermutlich anders sehen. „Griechenland hat sich daran gewöhnt, auf Pump zu leben.“ In knapp drei Jahren wurden deshalb kaum Schulden abgebaut und neue angehäuft.
Wenn ein Schuldenschnitt von etwa 120 Prozent der 179 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorgenommen würde, müsste der Steuerzahler ordentlich bluten. Allein die Deutschen hätten eine Beteiligung von bis zu 76 Milliarden Euro daran. Dieses Aufkommen ist so oder so fällig, auch wenn Athen den Euro verlässt. Langfristig würden sich wohl immer neue Schulden aus Mangel an Wettbewerbsfähigkeit ergeben. Sinn empfiehlt: „Deshalb muss man den Schuldenschnitt mit Griechenlands Austritt aus der Eurozone verbinden.“
Lohnsenkung keine Alternative
Viele Griechen gehen schon auf dem Zahnfleisch. Die Löhne und Preise zu senken würde das soziale Klima nur noch verschärfen. Der Austritt samt Abwertung der Währung klingt da schon sinnvoller, weil dann eine gleichmäßige Lohnsenkung eintrifft und die Dienstleistungen vor Ort günstiger angeboten werden müssten. Das Realeinkommen fällt damit zwar, aber Produkte und Services auch.
Mit dem neuen Drachme würden auch die Importgüter teurer werden. Die Griechen kaufen dann weniger aus dem Ausland ein und stärken mit ihrem Geld die eigene Wirtschaft. Generell führt es auch dazu, dass das Land weniger „über seine Verhältnisse lebt“, so der Ifo-Chef. Sinkende Preise würden auch den Tourismus vermehrt anlocken, ebenso Investoren für Grundstücke. Praktisch ein Anfang bei null schlägt Sinn vor.
Ein kalkulierbares Risiko?
Stellt sich zum Schluss noch die Frage, ob der Austritt nicht den Euro zu stark erschüttern würde? „Das ist in der Tat ein potenzielles Risiko. Es ist aber nicht mehr so groß wie früher. Die Eurozone hat jetzt Instrumente, um Länder zu schützen. Im Übrigen muss man ein anderes Risiko sehen, das viel größer ist als die möglichen Erschütterungen an den Finanzmärkten. Ich rede von dem Risiko, dass Europa in eine Schulden- und Transferunion abgleitet. Wenn Griechenland mit immer neuen Krediten versorgt wird, macht das Schule.“ Natürlich könnte auch der Schuldenschnitt die Runde machen, aber auf diese Weise wird der „exzessiven Verschuldung ein Riegel vorgeschoben“, so Sinn und das wäre langfristig die sinnvollere Wahl.